Durch raschelndes Herbstlaub mache ich mich diese Tage auf zum Krematorium Friedenthal in Luzern. Zusammen mit Kolleginnen aus der Trauerbegleitung wollen wir uns durch die Räumlichkeiten führen lassen.
Herbstsonne spielt funkelnd über den still daliegenden Gräbern. Eine erste frische Brise lässt die bunten Windräder auf den Kindergräbern fröhlich kreisen.
In der Eingangshalle die aufgereihten hölzernen Särge. Teils ganz schlicht, teils mit Rosen und persönlichen Erinnerungen zum letzten Abschied reich geschmückt.
Ein stiller Frieden
liegt über dem Raum, als der erste Sarg dem Feuer übergeben wird, und sich der menschliche Körper zu transformieren beginnt.
Zu Asche.
Ein Aschenhäufchen, das die 3-4 Liter fassende Urne zuweilen nur halb, manchmal auch bis zu Dreivierteln auszufüllen vermag. Menschliche Materie.
Ich suche nach Worten für diesen schwer zu fassenden Verwandlungsmoment. Der in mir, in uns, die wir noch im Leben stehen, die Frage aufkeimen lässt:
Was ist sterben?
Da legt sich mir die Geschichte vom Schiff in den Sinn. Das hinaussegelt, während ich am Ufer stehe und beobachte, wie es ganz langsam am fernen Horizont kleiner und immer kleiner wird. Jemand an meiner Seite sagt: "Es ist verschwunden."
Verschwunden, wohin?
Verschwunden aus meinem Blickfeld. Das ist alles. Das Schiff ist nach wie vor genau so gross wie es war, als es seine Taue vom Ufer löste. Der Eindruck, dass es immer kleiner wird, um irgendwann für immer aus meinem Blickfeld zu verschwinden, entsteht in mir. Er hat mit dem Schiff an sich überhaupt nichts zu tun.
Und gerade in dem Moment, wo jemand neben mir sagt, es ist verschwunden, gibt es andere, die es am Horizont auftauchen sehen. Das Schiff hat seine Überfahrt bestanden, und es wird mit Freudenrufen und kräftigem Winken willkommen geheissen. Erleichtert atmen einige auf: "Da kommt es!"
Das ist sterben.
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